Gedenktage – 27.01.1945- Die Befreiung des KZ Auschwitz

Nach fünf Jahren Bestehen und drei Jahren industrieller Menschenvernichtung wurde das von den Nationalsozialisten in Südpolen errichtete Lager von der Sowjetarmee befreit.

„Nur etwa 7000 ausgemergelte, todkranke KZ-Häftlinge hatten überlebt, 500 davon waren Kinder. Die wenigsten Häftlinge konnten aufrecht stehen, viele lagen apathisch am Boden. Sie waren zu schwach für die Fußmärsche gewesen, zu denen die SS-Wachmannschaften noch Zehntausende durch die eisige Kälte nach Westen getrieben hatten.“ (1)

https://www.flickr.com/photos/161366249@N02/

Bernd Carstensen: Stolperstein

Dieser Befreiungstag jährte sich diese Woche und wir gedenken ihm mehr oder weniger, je nach persönlichem Bezug.

Gedenktage haben etwas Positives. Sie werden zur Tradition. Und Traditionen sind etwas, das allgemein Bekanntes vermittelt und damit Sicherheit ausstrahlt, trotz der Unbehaglichkeit des Themas, das man als deutscher Nachfahre immer noch spürt.

Traditionen können auch als Schutzmantel dienen gegen echte Auseinandersetzung und gegen einen anstrengenden offenen Diskurs. Wie Marina Weisband, ehemalige in der Piratenpartei und nun Expertin für Digitalisierung bei den Grünen erklärt. Die gebürtige jüdische Ukrainerin sagte in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau am 27.01.20: Sie als Mensch würde in der deutschen Gesellschaft akzeptiert, aber nur in einer opfergeprägten (meint passiven) Rollenerwartung. Widerspricht sie den Rollenerwartungen, ist es sehr schwer „jüdisches Leben und Deutschland zu etablieren“. (2)

https://www.flickr.com/photos/pyrolim/
Susanne Peyronnet: Gedenken
Detail aus der Gedenkstätte Bergen-Belsen

Die Auseinandersetzung mit ethnisch-religiöser Vernichtung ist aktueller denn je.

Meinen Schüler:innen konnte ich im Gemeinschaftskunde-Unterricht der Berufsschule kaum vermitteln, warum es seit 1951 (3) eine klare UN-Definition für Völkermord gibt und der real stattfindende aus politischem Kalkül trotzdem nicht offiziell als solcher deklariert wird.

Ratlos ist die internationale Staatengemeinschaft auch im effektiven Eingreifen oder macht sich selbst schuldig. Ausgespart bleiben dabei Formen kolonialer Gewalt (z.B. die Niederschlagung des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika 1904 und die Massenmorde unter Stahlin in der Sowjetunion.)

Beispiele finden sich zuhauf wie aktuell die Vertreibung der Rohingya aus Myanmar. Die Urteile kommen für die Menschen zu spät.

Nicht nur die internationale Politik ist in der Verantwortung.

Völkermord ist Tür und Tor geöffnet, wenn wir Bürger es nicht schaffen, uns zu öffnen und etwas abzugeben. Und wenn es nur etwas Aufmerksamkeit und Gesprächsbereitschaft sei.

Im Kleinen fängt es an.

Kati Kästner

Quellen:
1- www.dw.com/de/auschwitz-ein-ort-und-seine-erschütternde-geschichte/a-52016470

2– Jan Sternberg: Holocaust-Gedenktag 70 Jahre Befreiung von Auschwitz: Die Erinnerung weist auf das heutige jüdische Leben inDeutschland, FR , 77. Jg., Nr.22, vom 27.01.2021 Seite 3.

3-  www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/218339/voelkermordkonvention